Ignatius
Er hat eine Methode entwickelt, die bis heute angewandt wird und als hervorragender Weg genutzt wird, Gott und eigenen Lebensentscheidungen näher zu kommen..
Ignatius empfiehlt den Gläubigen, sich »darin zu üben, die Gegenwart unseres Herrn in allen Dingen zu suchen“. Er ist davon überzeugt, dass Gott die Menschen selbst unterweist. Er wird zum Erfinder der „geistlichen Übungen“, die bis heute in ihrer Methode richtungsweisend sind.
Exerzitien ist eine Abkürzung für „exercitia spiritualia“, d.h. geistliche Übungen. Nach Ignatius gehören zu Exerzitien fünf Elemente:
– Es geht um „Geist-liches“, d.h. nach der Heiligen Schrift um die „Früchte des Geistes“ wie Liebe, Freude, Friede, Freiheit, Großzügigkeit, Demut, Geduld usw. Oder umgekehrt um die „Früchte des Ungeistes“ , d.h. Ich-süchtigkeit, Egoismus, Unfreiheit, Lieblosigkeit, Hass, Unfreiheit, Neid, Streitsucht, Zerstörung usw. Im Tiefsten wird die Berührung mit dem Heiligen Geist, mit Gott selber ersehnt.
– Es geht um das Üben. Zum Üben gehören vier Punkte: Bewusstheit, ein Ziel, eine Methode und die Wiederholung.
– Es geht um den Liebeswillen Gottes. Ziel des Menschen, der geistlich übt, ist, dass er immer bereiter wird, die unendliche Liebe Gottes in sich wirklich werden zu lassen.
– Es geht darum, dass ein Mensch durch zutiefst beglückende, aber oft auch sehr schmerzhafte Prozesse hindurch, in eine je größere innere Freiheit und Wahrheit wächst, um sein persönliches Ja zur Liebe intensiver sprechen und leben zu können.
– Es geht darum, auf die geschenkte Liebe zu antworten durch die Gestaltung des eigenen Lebens.
Lebensbeschreibung: Ignatius (Inigo) von Loyola
Seit seinen Studien in Paris nannte er sich in lateinischer Form Ignatius. Man musste ihn lange drängen, bis er mit Unterbrechungen von 1553 bis 1555, ein Jahr vor seinem Tod, einem Mitbruder seine Lebensgeschichte bis zur Gründung der Gesellschaft Jesu, des Jesuitenordens, zum Aufschreiben erzählte. Dieser sogenannte »Bericht des Pilgers« beginnt mit den Worten: »Bis zum Alter von 26 Jahren war er ein den Eitelkeiten der Welt ergebener Mensch und vergnügte sich hauptsächlich an Waffenübung, mit einem großen und eitlen Verlangen, Ehre zu gewinnen.«
Iñigo López de Loyola wurde 1491 auf dem Herrensitz Loyola geboren. Er war das 13. und letzte Kind einer der baskischen »Hauptfamilien«. Iñigo war von seinem 16. Lebensjahr an zehn Jahre lang bis 1517 ein sehr ehrgeiziger Page am Hof von Juan Velázquez de Cuellar, des Großschatzmeisters von Kastilien; er sollte für eine höfische Karriere ausgebildet werden. Mit dem Thronantritt von Karl V. (Carlos I) als König von Spanien im Jahr 1516 verlor Velázquez de Cuellar sein Lehen, widersetzte sich erfolglos, musste kapitulieren und starb verbittert am 2. August 1517. So mag Iñigo zum erstenmal erfahren haben, wie wenig Verlass auf Karriere und Erfolg ist, und begann bereits in diesem seinem 26. Jahr ein ernsthafteres Leben.
1521 aber ist Iñigo schon dreißig Jahre alt. Er steht als Offizier im Dienst von Antonio Manrique de Lara, des Herzogs von Nájera und Vizekönigs von Navarra. Bei der Verteidigung der Festung von Pamplona gegen eine französische Übermacht wird er von einer Kanonenkugel getroffen, die ihm das eine Bein bricht und das andere verwundet. Die Franzosen lassen ihn in seine Heimat transportieren. Auf einige Tage akuter Lebensgefahr folgt ein langes Krankenlager. In Loyola sind ihm die geschätzten Ritterromane nicht zugänglich. So muss er mit religiöser Lektüre vorlieb nehmen, einem vierbändigen »Leben Christi« von Ludolf dem Kartäuser († 1377) und der »Goldenen Legende«, einem Buch aus dem 13. Jahrhundert über die Heiligen.
Er macht erste Meditationserfahrungen und beobachtet in sich, wie unterschiedlich es auf ihn ein- und nachwirkt, von Ruhmestaten zu träumen oder aber über das Leben der Heiligen nachzudenken. Und er beginnt mit Aufzeichnungen darüber; es sind die ersten Ansätze zu seinem späteren Buch der »Geistlichen Übungen«. Für die Zeit nach seiner Genesung entschließt er sich zu einer Pilgerfahrt nach Jerusalem, um die Stätten des irdischen Wirkens Christi zu verehren.
Auf dem Weg nach Jerusalem legt er im Benediktinerkloster auf dem Berg Montserrat in Katalonien eine Lebensbeichte ab. Er bleibt dann für mehr als zehn Monate in dem kleinen Städtchen Manresa am Fuße des Berges. Diese Zeit hat Ignatius später seine »Urkirche« genannt. Zunächst führt er ein extremes Büßerleben: »Und er bat in Manresa jeden Tag um Almosen. Er aß nicht Fleisch, noch trank er Wein, selbst wenn man ihn ihm gab. Die Sonntage fastete er nicht; und wenn man ihm ein wenig Wein gab, trank er ihn. Und weil er sehr sorgsam in der Pflege seines Haars gewesen war, […] entschloß er sich, es so seiner Natur nach gehen zu lassen, ohne es zu kämmen noch zu schneiden noch es mit irgend etwas in der Nacht oder am Tag zu bedecken.
Damit folgt er damals allgemein verbreiteten Vorstellungen von einem besonders gottgefälligen Leben. Er meint, Gott am ehesten durch eine möglichst große Strenge gegen sich selbst und durch ausgedehnte Gebetsübungen dienen zu können; täglich bringt er es auf »sieben Stunden Gebet auf den Knien«.
Er macht die Erfahrung großen Trosts, aber auch immer mehr von völliger Trostlosigkeit. Es folgt eine sehr quälende Zeit, in der er von Skrupeln geplagt wird, seine Sünden nie vollständig genug gebeichtet zu haben und dazu auch gar nicht fähig zu sein. Niemand konnte ihm aus diesen Skrupeln heraushelfen; eher förderte die damalige Kirche mit vielen Forderungen und Strafandrohungen solche Skrupel. Oft wurde nur eingeschärft, welche großen Anstrengungen man unternehmen müsse, um überhaupt Gottes Gnade zu erlangen. Sein Bericht von diesen Erfahrungen lässt an ähnliche Aussagen seines Zeitgenossen Martin Luther (1483–1546) denken; sie sind einander jedoch nie begegnet.
Ignatius hat es später als ein Von-Gott-selbst-Unterwiesenwerden bezeichnet, wie er zu einer neuen, befreienden und erlösenden Gesamtschau des Glaubens geführt worden ist. Man muss also nicht mehr Gottes Gnade erst mühsam erringen, sondern sie ist Ausgangspunkt von allem.
Iñigo beginnt, dieses Glaubensverständnis weiterzusagen und damit anderen Menschen zu »helfen«. Er selbst hatte ja niemanden gefunden, der ihm in seiner Seelennot helfen konnte. »Nachdem er von Gott getröstet zu werden begonnen hatte und die Frucht sah, die er in den Seelen durch den Verkehr mit ihnen bewirkte, ließ er von jenen Extremen ab, die er zuvor einhielt.«
Schließlich verlässt er Manresa, um als Bettler die Pilgerfahrt nach Jerusalem durchzuführen. Zu einer solchen Pilgerreise musste man sich damals zunächst nach Rom begeben und eine päpstliche Erlaubnis einholen. In Jerusalem offenbart er seinen Entschluss, dort zu bleiben und immer die Heiligen Stätten zu besuchen. Aber der Franziskanerguardian als die für das Heilige Land zuständige kirchliche Autorität versagt ihm die Zustimmung.
Im Jahr 1524 beginnt Iñigo in Barcelona, als 33-Jähriger neben Schulkindern, Latein zu lernen; Dann geht er 1526 an die Universität von Alcalá und wechselt von dort nach Salamanca. Wegen seines für einen Laien ganz unüblichen Eifers, andere Menschen im Glauben zu unterweisen, und weil er bereits erste Gefährten findet, die seine Lebensweise teilen, erscheint er vielen als Illuminat und Schwarmgeist oder eine Art Sektengründer. Er wird mehrmals vor die Inquisition zitiert. Sowohl in Alcalá wie in Salamanca verbringt er einige Wochen im Kerker. Es gelingt der Inquisition jedoch nicht, ihm irgendein Vergehen nachzuweisen. Später wird Ignatius an João III., König von Portugal, schreiben, er habe insgesamt acht Inquisitionsprozesse überstanden, ohne je einen Anwalt genommen zu haben.
Von 1528 bis 1534 finden wir ihn an der Universität von Paris, wo er sein Studium noch einmal systematisch von vorn beginnt. Die Pariser Studienmethode mit ihren Disputationsübungen hat ihn so überzeugt, dass er sie später zur Grundlage der Ausbildung im Orden macht.
In Paris gewinnt Ignatius unter seinen Mitstudenten einige bleibende Gefährten. Zusammen mit sechs von ihnen legt Ignatius am 15. August 1534 ein Gelübde ab. Bei der Erneuerung dieses Gelübdes im Jahr darauf schließen sich weitere Gefährten an. Die Gruppe ist nun definitiv international. Ignatius selbst beendet seine Studien 1534 mit der Promotion zum Magister in Philosophie.
Die geplante gemeinsame Jerusalemfahrt findet jedoch nicht statt. Türkische Korsaren lassen in diesem Jahr (1537) von den italienischen Häfen keine Pilgerschiffe durch. Die Gruppe begibt sich stattdessen nach Rom, um sich dem Papst für Aussendungen im Dienst der Kirche zur Verfügung zu stellen.
Christsein besteht für Ignatius darin, Gottes Liebe nicht erringen zu müssen, sondern von ihr als der Liebe des Vaters zum Sohn auszugehen, die zugleich der ganzen Welt gilt. Dieses Verständnis führt ihn zu einer »Vertrautheit mit Gott«, die er auch mit den Ausdrücken »Gott unseren Herrn in allen Dingen suchen« oder »Gott unseren Herrn in allen Dingen finden« oder »sich Gottes freuen« bezeichnet. Der Wahlspruch der Gesellschaft Jesu lautet dementsprechend: »Alles zu größerer Ehre Gottes«.
Den Studierenden des Ordens empfiehlt Ignatius, sich »darin zu üben, die Gegenwart unseres Herrn in allen Dingen zu suchen, wie im Umgang mit jemand, im Gehen, Sehen, Schmecken, Hören, Verstehen und in allem, was wir tun; denn es ist wahr, dass seine göttliche Majestät durch Gegenwart, Macht und Wesen in allen Dingen ist.«
So besteht für Ignatius die eigentliche Aufgabe der Gesellschaft Jesu darin, dieses grundlegende Glaubensverständnis weiterzugeben. Das geistliche Leben ist nun nicht mehr, wie man es immer wieder missverstanden hat, nur ein Sektor neben anderen Tätigkeiten, sondern umfaßt alles; und darin kann man Frieden finden.
Die Gruppe der Pariser Theologen kommt 1537 nach Rom. Papst Paul III. geht auf ihr Angebot ein; er beginnt, die ersten mit Aufträgen auszusenden. Für die Gruppe stellt sich die Frage, ob ihre Zusammengehörigkeit damit ihr Ende gefunden hat. Weil sie untereinander sehr verschiedener Auffassung sind, entwickeln sie zuerst eine Methode, mit dieser Frage umzugehen. Sie beschließen, an einem Tag solle jeder Argumente vorbringen, die gegen eine Ordensgründung sprächen; und am nächsten Tag solle ebenfalls jeder Argumente für eine Ordensgründung nennen, unabhängig davon, welcher Meinung er selber sei. So sollten überhaupt alle relevanten Argumente pro und kontra auf den Tisch kommen, ohne dass derjenige, der sie äußert, fürchten müsste, von den anderen schräg angesehen zu werden. Auf eine solche Methode sind sie stolz; sie gehört von nun an zu ihrer »Weise des Vorangehens« und ist noch heute für den Orden wichtig.
Die Gefährten kommen in langen abendlichen Beratungen schließlich zu der einstimmigen Auffassung, sie sollten auf der Grundlage, für päpstliche Aussendungen zur Verfügung zu stehen, einen Orden unter einem gemeinsamen Oberen gründen. Sie legen dem Papst eine Regel zur Bestätigung vor. Neu an diesem Ordensprojekt ist, dass man auf gemeinsames Chorgebet und eigene Tracht verzichtet, damit sich alle Mitglieder möglichst frei dem Dienst für andere widmen können. Als Ziel des Ordens wird in den späteren »Satzungen der Gesellschaft Jesu« ganz allgemein bestimmt, »den eigenen Seelen und den Seelen der Nächsten zu helfen, das letzte Ziel zu erreichen, für das sie geschaffen sind«.
Traditionell werden die Orden in kontemplative oder aktive eingeteilt, je nachdem sie sich mehr dem Gebet oder dem Dienst an den Nächsten widmen. Das Ideal der Gesellschaft Jesu besteht darin, dass man sich aufgrund des eigenen Sich-geborgen-Wissens in der Liebe Gottes dem Dienst an den Mitmenschen widmet und so auch in der Aktivität kontemplativ bleiben kann.
Im Jahr 1541 wählt die Gruppe der Gründer Ignatius als ihren Oberen. Durch ihre Predigten und ihren Einsatz für die Armen macht die Gruppe in Rom großen Eindruck. Schon bald schließen sich junge Menschen dem neuen Orden an. Besonders die dreißigtägigen »Geistlichen Übungen« (oder »Exerzitien« genannt) motivieren viele zu einer solchen Entscheidung.
Als »Geistliche Übungen« bezeichnet Ignatius zunächst ganz allgemein »jede Weise, das Gewissen zu erforschen, sich zu besinnen, zu betrachten, mündlich und geistig zu beten, und anderer geistlicher Betätigungen« oder auch »jede Weise, die Seele darauf vorzubereiten und einzustellen, alle ungeordneten Anhänglichkeiten von sich zu entfernen und, nachdem sie entfernt sind, den göttlichen Willen in der Einstellung des eigenen Lebens zum Heil der Seele zu suchen und zu finden.«
Hauptsächlich geht es in den Geistlichen Übungen darum, meditierend mit dem Leben Jesu Christi vertraut zu werden und auf diesem Hintergrund auch das eigene Leben zu betrachten. Ignatius rät sehr davon ab, den Übenden lange Vorträge zu halten. Er traut den Übenden zu, dass sie selbst innerlich erfassen können, worum es in den Evangelien geht. »Denn nicht das viele Wissen sättigt und befriedigt die Seele, sondern das Innerlich-die-Dinge-Verspüren-und-Schmecken«. Anstatt bestimmte Gebetsweisen vorzuschreiben, lehrt Ignatius, dass jeder nach der für ihn selbst am meisten hilfreichen Gebetsweise suchen solle.
Die »Geistlichen Übungen« enthalten nicht nur Meditationsanleitungen. Es geht in ihnen auch darum, Lebensentscheidungen wie eine Berufswahl so zu treffen, dass sie der Grundhaltung des Glaubens entsprechen. Ignatius empfiehlt, sich nicht nur objektiv Gründe für und gegen verschiedene Möglichkeiten vor Augen zu stellen, sondern auch subjektiv über längere Zeit auf das innere Echo zu achten, das bei dem Gedanken an diese oder jene Entscheidung entsteht. Zudem stellt er eine Reihe von »Regeln zur Unterscheidung der Geister« auf; diese Regeln sollen zu unterscheiden helfen, ob man auf einem guten Weg geht oder sich selber etwas vormacht. Eine solche Regel lautet: »Zur Zeit der Trostlosigkeit niemals eine Änderung machen, sondern fest und beständig in den Vorsätzen und dem Entschluss stehen, in denen man an dem solcher Trostlosigkeit vorangehenden Tag stand, oder in dem Entschluss, in dem man in der vorangehenden Tröstung stand.«
Der neue Orden wächst rasch. Im Todesjahr von Ignatius hat die »Gesellschaft Jesu« schon etwa 1000 Mitglieder in elf Ordensprovinzen; es gibt Missionen in Indien, Japan, Brasilien, Äthiopien und am Kongo. Berühmt in der Geschichte des Ordens sind die Indianer-Reduktionen in Uruguay und Brasilien im 17. und 18. Jahrhundert. Die Jesuiten führten die Indianer zu größeren Gemeinwesen zusammen, wo sie sich gegen Sklavenjäger schützen konnten.
Der politische Einfluss der Jesuiten und ihre besondere Bindung an den Papst waren Hauptgründe dafür, dass insbesondere die Höfe von Spanien und Frankreich aus dem Geist der Aufklärung einen solch massiven Druck auf Papst Clemens XIV. ausübten, dass er schließlich nachgab und am 21. Juli 1773 die Gesellschaft Jesu aufhob. Nur in Russland konnte sie weiter existieren, weil sich Zarin Katharina weigerte. Aber im Jahr 1814 wurde der Orden von Papst Pius VII. erneut gesamtkirchlich zugelassen. 180 Jahre später umfaßt der Orden weltweit 22.580 Mitglieder.
Von Ignatius sind 6815 Briefe erhalten; zu den Adressaten gehören Papst und Kaiser, Könige und Fürstenfamilien, Bischöfe und Äbte, Ordensschwestern, Mütter und Väter junger Jesuiten sowie städtische Gremien.
Ignatius starb am 31. Juli 1556. Im Jahr 1609 wurde er seliggesprochen. Heiliggesprochen wurde er am 12. März 1622 zusammen mit u. a. Teresa von Avila.
https://web.archive.org/web/20070211015202/http://www.jesuiten.org/peter.knauer/ignatius.html
Was sind „Exerzitien“?
In Exerzitien kommt es nicht darauf an etwas zu machen oder zu leisten. Es geht um die Beziehung zwischen Gott und Mensch. Aus den Exerzitien wächst so mehr Klarheit für das eigene Leben, die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, zu lieben und entschlossen zu handeln.
Heute gibt es eine Reihe von verschiedenen Exerzitienformen, die zwischen einer und vier Wochen dauern.
Exerzitien sind geistliche Übungen, die abseits des alltäglichen Lebens zu einer intensiven Besinnung und Begegnung mit Gott führen sollen. Sie werden einzeln oder in Gruppen durchgeführt und können von einigen Stunden bis mehrere Wochen oder Monate dauern. Grundlegende Elemente sind Gebet (insbesondere das Jesusgebet), Meditation, Lectio divina, Fasten, Schweigen, Gespräche mit einem Exerzitienbegleiter und manchmal körperliche Betätigung (Ora et labora).
Prägend für den Wortgebrauch wie für die Praxis sind die Ignatianischen Exerzitien, die geistliche Übungen des Ignatius von Loyola. Der Gründer der Gesellschaft Jesu versuchte, darin seine eigenen geistlichen Erfahrungen anderen zugänglich zu machen. Dazu lud er Freunde und andere an einer radikalen Nachfolge Jesu Interessierte ein, sich für eine Zeit zurückzuziehen und unter seiner Anleitung dem Gebet, der Meditation und Unterscheidung der Geister zu widmen.
Exerzitien ist eine Abkürzung für „exercitia spiritualia“, d.h. geistliche Übungen. Exerzitien sind eine methodische spirituelle Hilfe, um in seinem Leben Gott tiefer zu finden.
Nach Ignatius von Loyola (1491-1556), dem großen Meister der Exerzitien in den Kirchengeschichte, gehören zu Exerzitien fünf Elemente:
– Es geht um „Geist-liches“, d.h. nach der Heiligen Schrift um die „Früchte des Geistes“ wie Liebe, Freude, Friede, Freiheit, Großzügigkeit, Demut, Geduld usw. Oder umgekehrt um die „Früchte des Ungeistes“ , d.h. Ich-süchtigkeit, Egoismus, Unfreiheit, Lieblosigkeit, Hass, Unfreiheit, Neid, Streitsucht, Zerstörung usw. Im Tiefsten wird die Berührung mit dem Heiligen Geist, mit Gott selber ersehnt.
– Es geht um das Üben. Zum Üben gehören vier Punkte: Bewusstheit, ein Ziel, eine Methode und die Wiederholung. Üben ist fundamental für unser Leben: Sprache, Musik, Technik, Kultur, Kommunikation, Kunst, Arbeit und auch die Liebe leben vom Üben. – Das ganze Leben besteht aus Einüben und Ausüben.
– Es geht um den Liebeswillen Gottes. Ziel des Menschen, der geistlich übt, ist, dass er immer bereiter wird, die unendliche Liebe Gottes in sich wirklich werden zu lassen.
– Es geht darum, dass ein Mensch durch zutiefst beglückende, aber oft auch sehr schmerzhafte Prozesse hindurch, in eine je größere innere Freiheit und Wahrheit wächst, um sein persönliches Ja zur Liebe intensiver sprechen und leben zu können.
– Es geht darum, auf die geschenkte Liebe zu antworten durch die Gestaltung des eigenen Lebens in der Beziehung zu Jesus Christus, der menschgewordenen Liebe Gottes in der Schöpfung und der Geschichte der Menschen.
„Klassische Exerzitien“
Klassische Exerzitien leben von drei Quellkräften:
– Exerzitien sind Zeiten der Stille. Das Schweigen soll helfen, immer mehr die Stimme Gottes zu hören und die „Augen des Herzens zu öffnen, damit wir erkennen, zu welcher Hoffnung wir berufen sind.“ (Eph 1,18)
– Exerzitien sind Zeiten des Gebetes, der Besinnung auf das eigene Leben und seine Botschaften, der Meditation der Heiligen Schrift, der Kontemplation, der Stille und der Ausrichtung auf die geheimnisvolle Gegenwart Gottes in einem einfachen Dasein.
– Exerzitien sind Zeiten des täglichen Gesprächs mit einem geistlicher Begleiter bzw. einer Begleiterin. Dabei geht es um Fragen wie: Was suche ich „eigentlich“? Was hat sich in mir bewegt und sich mir gezeigt? Geschehen innere Umschichtungen? Kündigen sich Entscheidungen an? Wie geht es weiter auf dem Exerzitienweg?
Verschiedene Formen von Exerzitien
Es gibt 30-tägige, 8-tägige Exerzitien und solche von nur einigen Tagen. Es gibt Exerzitien mit Einzelbegleitung oder ohne und auch mit Vorträgen für alle. Es gibt seit den 90er Jahren wachsend „Exerzitien im Alltag“, die vor allem während der Fasten- und Adventszeit in Pfarrgemeinden angeboten werden. – Exerzitienangebote setzen je nach Angebot sowohl von den Zielen wie von den Methoden her verschiedene Akzente.
Exerzitien für mich?
Wenn jemand eine intensive Sehnsucht nach einem lebendigeren Glaubensleben verspürt; wenn jemand sein Leben neu orientieren und seine Entscheidungen mehr auf Gott hin ausrichten möchte – dann klingt dies „exerzitienverdächtig“.
Zum Schluss ein wenig Geschichte
Formen geistlicher Übungen gibt es in allen Religionen. Ein Wort dafür aus der Bibel: „Übe dich in der Frömmigkeit (wörtlich: Gottseligkeit)! Denn körperliche Übung nützt nur wenig, die Frömmigkeit aber ist nützlich zu allem. Ihr ist das gegenwärtige und das zukünftige Leben verheißen“ (1 Tim 4,7). Die Mönche der ersten Jahrhunderte wurden auch als „Asketen“, d.h. als „Übende“ bezeichnet. Sowohl in den Klöstern wie in der christlichen Erziehung gab und gibt es notwendig das Moment des Lernens und Übens. Ignatius von Loyola hat den Exerzitienweg stark geprägt und den geistlichen Übungen einen wichtigen Platz gegeben. Sie seien „das Allerbeste, was ich in diesem Leben denken, verspüren und verstehen kann.“ In Exerzitien will ein Mensch auf der Spur dessen bleiben, der „der Weg, die Wahrheit und das Leben ist“ (Joh 14,6).